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Anmerkung
Skoliose ist keine Krankheit im
herkömmlichen Sinne, sondern
eine Abweichung der Norm. Sie ist
somit auch nicht "heilbar", sondern
lediglich "korrigierbar".
Was ist Skoliose?
(Stand: 30. Dezember 2010)
Eine Skoliose (griech. skolios = krumm) ist eine seitliche Verbiegung der Wirbelsäule und eines der ältesten orthopädischen Leiden. Sie ist mit einer Deformierung und gleichzeitigen Verdrehung der Wirbelkörper, insbesondere im Scheitel der Krümmung verbunden.
Durch die Verdrehung (Rotation) entsteht auf der Konvexseite der Krümmung der sog. Rippenbuckel, auf der Gegenseite (Konkavseite) das Rippental. Die Thoraxdeformierung ist auch an der Vorderseite des Brustkorbs zu erkennen.
Die zunehmende Verkrümmung der Wirbelsäule ist im allgemeinen gleichzeitig mit einer zunehmenden Versteifung verbunden.
Eine Skoliose setzt sich im allgemeinen aus einer Primär- und einer Sekundärkrümmung zusammen. Die Primärkrümmung, meist im Brustwirbelsäulenbereich, ist stärker ausgeprägt, die Wirbelkörper zeigen die stärkeren Deformierungen und sind stärker verdreht. Zusätzlich können auch Verbiegungen nach vorn (Kyphose) und nachhinten (Lordose) vorkommen. Durch die körperliche Verformung entstehen bei den Patienten oft seelische Probleme.
Durch die verbogene Wirbelsäule und die damit verbundene Fehlstellung sind die Muskeln ständig verspannt. Das kann zu Schmerzen im Rücken, Schultern, Nacken und Kopf führen, aber auch in Knien und Fußgelenken. Eine Skoliose muss aber nicht zwangsläufig mit Schmerzen verbunden sein. Häufig fallen ein schiefes Becken, ungleich hochstehende Schultern, ein Rippenbuckel oder eine schräge Kopfhaltung auf.
Abgesehen von den Schmerzen können in schweren Fällen sogar innere Organe wie Herz und Lunge beeinträchtigt sein, so dass eine Operation notwendig wird.
Wie entsteht eine Skoliose?
Im allgemeinen ist die Ursache der skoliotischen Verbiegung unbekannt (idiopathische Skoliose). Man vermutet, dass ein ungleichmäßiges Wachstum der Rückenmuskulatur und der Wirbelkörper die Ursache ist – die eine Seite wächst schneller, die andere langsamer, was die Verdrehung der Wirbelkörper erklären würde.Ein weiterer Anhaltspunkt: Aus zahlreichen Studien geht hervor, dass Mädchen in der Pubertät weitaus häufiger eine Skoliose entwickeln als Jungen. Krümmungen von 20° bis 30° sind fünfmal häufiger, und Werte über 30° sogar siebenmal öfter zu finden. Auf der Suche nach auslösenden Faktoren werteten Wissenschaftler des niederländischen University Medical Centers Utrecht die Literatur aus. Ihr Ergebnis: Obwohl zahlreiche Faktoren eine Rolle zu spielen scheinen, konnte keine allumfassende Theorie für den Ausbruch der Skoliose gefunden werden. Einzig und allein die familiäre Häufung der Erkrankung spricht für starke genetische Determinanten – ein Skoliose-Gen ließ sich bis heute aber nicht zweifelsfrei nachweisen.
Vor allem Hormone kommen als Risikofaktoren in Betracht, da sie einen starken Einfluss auf Wachstum und Umbau der Knochen haben. Wissenschaftler der Université de Montréal aus Québec, Kanada, sehen hier Östrogene als Kandidaten für das Fortschreiten der Missbildungen am Rückgrat. Und Fachärzte am englischen Centre for Spinal Studies and Surgery des Nottingham University Hospitals entwickelten das NOTOM-Modell (neuro-osseous timing of maturation): Ein spezielles System, so die Hypothese, kontrolliert das Wachstum und die körperliche Reifung. Ständig erfolgt dabei ein Abgleich zweier synchroner Prozesse, die einerseits die Skelettentwicklung bzw. die Knochenmasse und andererseits neuronale Prozesse wie das Voranschreiten der Pubertät in Einklang bringen. Die Nottinghamer Forscher vermuten hinter dem Krankheitsbild einer Skoliose die Störung zumindest von Teilen des NOTOM-Systems.
Auf neurologischer Ebene könnte auch Leptin, ein Eiweiß mit Hormonfunktion, mit von der Partie sein. Zwar wird Leptin hauptsächlich von Fettzellen hergestellt. Geringere Mengen konnten mittlerweile aber auch im Knochenmark und in Skelettmuskeln nachgewiesen werden. Und zumindest im Tierexperiment beeinflusste dieses Eiweiß auch das Längenwachstum von Knochen.Ausgehend vom Zeitpunkt der Entstehung wird die idiopathische Skoliose unterteilt in:
Infantile Skoliose:
Die infantile Skoliose tritt im zweiten und dritten Lebensjahr vermehrt bei Jungen auf und hat häufig einen ungünstigen Verlauf.Juvenile Skoliose:
Juvenile Skoliosen treten zwischen dem vierten Lebensjahr und der Pubertät auf. Ihre Prognose verbessert sich mit dem zunehmenden Alter der Kinder.Adoleszentenskoliose:
Liegt der Beginn der Skoliose in der Pubertät, so spricht man von der Adoleszentenskoliose. Die Prognose ist hier günstig.Neben der idiopathischen Skoliose gibt es seltenere Formen, die auf Erkrankungen zurückzuführen sind. Sie machen etwa zehn Prozent des "Krankheitsbilds" aus:
- Kongenitale Skoliose:
Unter einer kongenitalen (angeborenen) Skoliose versteht man eine Wirbelsäulendeformität mit Seitverbiegung und Verdrehung der Wirbelsäule, die durch angeborene Störungen in der embryonalen Wirbelentwicklung die Ausbildung von einem oder mehreren fehlgebildeten Wirbeln verursacht. Die unvollständig ausgebildeten Wirbel führen zu einem asymmetrischen Wachstum der Wirbelsäule. Fehlangelegte Wirbel können in jedem Wirbelsäulenabschnitt auftreten. Durch so genannte Formationsstörungen, Segmentationsstörungen oder kombinierte Formen von Wirbelfehlanlagen wird das normale Wachstum der Wirbelsäule gestört und es kann dadurch in der weiteren Entwicklung der Wirbelsäule zur Ausbildung einer Skoliose kommen. Kongenitale Skoliosen treten selten auf, können aber wegen der Schwere der Wirbelsäulendeformität eine frühzeitige Operation erforderlich machen.
13-jähriger Junge mit kongenitaler Skoliose. Angeborene Wirbelverwachsungen können zu grotesken Deformitäten führen (in diesem Fall 160°).
Bilderquelle: Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Per Trobisch (Skoliosezentrum Shriners Hospital for Children, Philadelphia)
- Neuromuskuläre Skoliose:
Man beschreibt damit Krankheitsbilder, die primär durch neurologische oder muskuläre Erkrankungen entstehen und durch eine Vielzahl von Symptomen in unterschiedlicher Ausprägung bestimmt sind (zum Beispiel Störungen des Haltungs- und Bewegungsapparats, geistiger Behinderung oder Schädigung der Sinneswahrnehmung). Viele dieser Erkrankungen beginnen bereits im Kindesalter und können, neben der Vielzahl der vorherrschenden Einzelsymptome, durch die neuromuskuläre Störung des Haltungsapparats mit lokal oder generalisiert auftretenden Muskeldysfunktionen im Verlauf der Erkrankung auch zur Ausbildung einer Skoliose führen.
11-jähriges Mädchen mit neuromuskulärer Skoliose. Rechts: Zustand nach mehrwöchiger Halo-Traktion und dorsaler Fusion
Bilderquelle: Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Per Trobisch (Skoliosezentrum Shriners Hospital for Children, Philadelphia)
Die dauerhafte Fehlstellung der Wirbelsäule führt zu deren verstärkter Abnutzung (Degeneration), sodass die Beschwerden, wie Schmerzen, der Skoliose mit der Zeit zunehmen können. Darüber hinaus treten bei der unbehandelten Skoliose durch die anhaltende Verkürzung des Rumpfs im höheren Lebensalter Komplikationen, wie eine Minderung der Leistung von Herz und Lunge, auf.